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Freitag, 25. April 2014

Freitagsgedanken vom 25. April 2014





Freitagsgedanken vom 25. April 2014

Von Dagmar Metzger, Steffen Schäfer, Christian Bayer


Frühlingserwachen mit Eurobonds


Der Frühling zieht ins Land und mit ihm kommen vermeintlich wundervolle Nachrichten: Portugal kehrt erstmals seit seiner Flucht unter den „Rettungsschirm“ an die Kapitalmärkte zurück. Die Anleger sind begeistert, schlagen sich um die neu emittierten Anleihen und gewähren den krisengeschüttelten Portugiesen sensationell günstige Zinsen. 


Dasselbe in Italien – hier geben sich die großzügigen Investoren sogar mit den niedrigsten Zinsen seit Menschengedenken zufrieden, obwohl das Land mit weit über 2 Billionen Euro verschuldet ist und in einer tiefen Wirtschaftskrise steckt. Auch in Frankreich, wo vor kurzem noch düsterste Wolken am Wirtschaftshimmel hingen, scheint wieder die Sonne: Monsieur Le President hat das Signal des Kommunalwahldebakels verstanden und ab 2015 werden große Reformen für einen nie gekannten Aufschwung sorgen...

Die Krise ist überwunden – ganz klar: Kann sich doch sogar das größte aller Sorgenkinder, Griechenland, plötzlich wieder am Kapitalmarkt mit frischer Liquidität versorgen. Zeitgleich bestätigt auch noch jenes unheilige Dreigestirn aus IWF, EU-Kommission und EZB hochoffiziell, dass in Athen tatsächlich ein ganz bestimmter Überschuss erwirtschaftet wurde. 

Diese freudigen Nachrichten wurden sodann auch fleißig, wenn auch ein wenig undifferenziert verbreitet. So verkündete vergangenen Mittwoch beispielsweise die Nachrichtensprecherin des Heute-Journals in der Halbzeitpause des Fußballspektakels, dass in Athen tatsächlich und erstmalig seit 2002 ein Haushaltsüberschuss erwirtschaftet worden wäre.

Die journalistische Sorgfaltspflicht geböte es schon, so sollte man zumindest meinen, zwischen einem Haushaltsüberschuss und einem Primärüberschuss zu unterscheiden. Letzterer ist keinesfalls ein echter Überschuss, sondern kommt zustande, indem der Zinsdienst für bereits aufgenommen Schulden nicht in die Bilanz mit einfließt. Mit anderen Worten: Der griechische Haushalt nach einem einhundertprozentigen Schuldenschnitt.

Ob dieser so genannte Primärüberschuss jedoch tatsächlich auch ein solcher ist, darf man nicht nur bezweifeln, sondern eigentlich vollständig in Abrede stellen. Zwar bestätigt die Troika den angeblichen Primärüberschuss, aber ein objektives Urteil ist von dieser Dreierbande ob ihres gewaltigen Eigeninteresses, die Griechen schnellstmöglich wieder aus der Obhut zu entlassen, nicht zu erwarten. Fakt ist jedenfalls, dass besagter Primärüberschuss nur durch äußerst kreative Buchführung zustande kommt. 

Nicht alleine die Zinszahlungen wurden ignoriert, sondern man ließ einfach auch jene Milliarden unter den Tisch fallen, die zur Re-Kapitalisierung der hellenischen Banken aufgewendet wurden. Keine Lappalie, sondern allein für die ersten drei Quartale 2013 rund 20 Milliarden Euro. Dazu kommen die ausstehenden Steuerrückerstattungen sowie unbezahlte Rechnungen, die man aus der offiziellen Haushaltsberechnung strich – alles zusammen noch einmal gute 6 Milliarden Euro.

Endgültig entlarvt wird das Gerede vom „Primärüberschuss“ betrachtet man sich die Wirtschaftsdaten: Das Haushaltsdefizit stieg 2013 um satte 3,8 Prozent auf 12,7 Prozent an. Entsprechend wuchsen die Staatsschulden weiter: 175,1 Prozent des griechischen BIPs sind es inzwischen, unglaubliche 18,1 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2012. Das ist die bittere Realität.

Und doch konnten sich die Griechen wieder an den Kapitalmärkten mit Geld versorgen. Ebenso die Portugiesen und Italiens Zinsen fielen auf ein Allzeittief. Dies, so interpretieren es die meisten Politiker, zeige doch, dass die Krise überwunden ist und die Investoren wieder Mut und Vertrauen, nicht nur zum Euro, sondern ganz besonders auch zur EU gefasst haben – alles wird, nein, alles ist bereits gut!

Betrachtet man nur die Fundamentaldaten so kommt man in der Tat aus dem Staunen nicht heraus. Welcher Investor begeht willentlich finanziellen Selbstmord, in dem er Anleihen von Ländern kauft, die bis über beide Ohren im Schuldensumpf stecken? Die in tiefen, teils bereits Jahre andauernden Rezessionen stecken? Die ökonomisch nicht wettbewerbsfähig sind und denen es auch, zumindest teilweise, an funktionierende staatlichen Institutionen mangelt?

Auf die Sirenengesänge der politischen Klasse, die behauptet alles ist gut, sollte man bei der Suche nach einer Erklärung dieses Phänomens jedenfalls nicht hören. Denn plötzlich verbesserte Zukunftsaussichten der Krisenländer sind mitnichten der Grund hierfür. Auch haben die Investoren nicht dank eines plötzlichen Anfalls von Solidarität den Italienern oder Griechen aus Mitleid Geld gespendet.

Nein, sie haben kühl kalkuliert und festgestellt: zu garantierten und vor allem risikofreien Gewinnen sagt man als kluger Kaufmann nicht Nein. Schließlich macht per se schon einmal ein gutes Geschäft, wer sich für einen Zinssatz nahe Null bei der EZB Geld leihen und dieses Geld dann in griechische, italienische oder portugiesische Anleihen mit weit höheren Zinsen stecken kann. 

Es kommt aber noch besser: Die neu erworbenen Anleihen können bei der EZB als Sicherheit für einen weiteren Kredit hinterlegt werden und da die EZB inzwischen Anleihen jeder Bonität, also nicht alleine die mit Bestnote, akzeptiert und Großbanken darüber hinaus für Staatsanleihenkäufe keinerlei Eigenkapital mitbringen müssen, wurde quasi ein monetäres Perpetuum Mobile geschaffen. 

Damit sich dieses aber überhaupt in Bewegung setzen konnte, bedurfte es noch einiger magischer Worte. Diese sprach der große EZB-Vorsitzende, Mario Draghi, im Dezember 2012 sehr gelassen aus, als er versicherte, die EZB werde alles tun, um den Euro zu retten und er schob – damit ihn auch wirklich jeder richtig verstehe – noch einen Nachsatz hinterher: Dies werde in jedem Fall genug sein.

Draghi machte jedem Marktteilnehmer unmissverständlich klar: Die EZB wird notfalls jede emittierte Staatsanleihe aufkaufen. Ein Land der Eurozone kann somit nicht bankrott gehen, zumindest technisch betrachtet. Dies ist das entscheidende Signal an alle Investoren gewesen: Ausfälle von Staatsanleihen drohen nicht mehr – entsprechend gibt es beim Kauf kein Risiko mehr. 

Das heißt, ein Risiko gibt schon noch, nur liegt dieses nun nicht mehr bei den Investoren, sondern bei der EZB und dem ESM und damit im eigentlichen beim Steuerzahler und dem Sparer. 

Nun wird offensichtlich, was die tatsächliche Ursache für die beeindruckende Rückkehr der Krisenländer an die Kapitalmärkte und die unerhört günstigen Zinsen ist: In den letzten Wochen wurden keine griechischen oder portugiesischen Anleihen begeben, sondern tatsächlich Eurobonds. 

Vordergründig gedeckt durch die Notenpresse der EZB, tatsächlich aber durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die finanzielle Bonität insbesondere der deutschen Bürger und Steuerzahler.

Man darf gespannt sein, wie lange diese reicht.




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