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Mittwoch, 5. August 2015

Freitagsgedanken, vom 31. Juli 2015 *** Europa heute - Einfältige Vielfalt




Freitagsgedanken, 31. Juli 2015
Von Dagmar Metzger und Steffen Schäfer

Einfältige Vielfalt

Vergangenen Dienstag, den 28. Juli 2015, jährte sich der Ausbruch der „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts zum 101 Mal. Der Beginn des ersten Weltkriegs markierte eine Zeitenwende, die so auch deutlich von den Zeitgenossen wahrgenommen wurde.

4 Jahre, 106 Tage und fürchterliche rund 17 Millionen Kriegstote später schwiegen die Waffen wieder. Das Gesicht Europas veränderte sich in der Folge insbesondere im Osten des Kontinents gravierend. Insgesamt 14 neue Staaten entstanden in Ost- und Südosteuropa sowie im nahen Osten. Vergangenes Jahr wurde der erste Weltkrieg angesichts seines 100jährigen „Jubiläums“ groß thematisiert, nicht zuletzt mit etlichen neu erschienen Forschungswerken.

Bemerkenswerterweise aber spielte diese Neugestaltung der politischen Landkarte dabei kaum eine Rolle. Nun sind Kriegsgründe und -ursachen normalerweise vielschichtig und monokausal ist ohnehin nur sehr wenig in unserer Welt. Damit aber lässt sich beispielsweise die entscheidende Frage, was die beiden Hauptprotagonisten der Junikrise, Österreich-Ungarn und Russland, dazu trieb, so aufzutreten und um jeden Preis einen außenpolitischen Erfolg zu suchen, nicht beantworten. Auch bezüglich der neugegründeten Staaten erhält man so keine Antwort.


Wenn man aber weiß, dass von den sieben Hauptkriegsteilnehmern (die USA lassen wir hier aufgrund des späten Kriegseintritts außen vor) die Mehrzahl Vielvölkerstaaten waren, dann wird das Handeln des Zarenreiches und der Doppelmonarchie nachvollziehbarer. Beide waren von den Fliehkräften, die durch den natürlichen Drang der Völker zu nationaler Selbstbestimmung entstanden, in ihrer Existenz bedroht.

Beide Staaten versuchten diesem Drang durch Repressionen im Inneren und aggressiver Außenpolitik zu begegnen. Alle diese Staaten scheiterten in ihren Bemühungen, die nach Unabhängigkeit strebenden Völker und Minderheiten in ihrem Inneren zusammenzuhalten: Das Ende des Krieges markierte auch das Ende der staatlichen Existenz für Österreich-Ungarn und das osmanische Reich. Deutschland und Russland verloren beträchtliche Territorien.

Die Sieger des ersten Weltkriegs aber hatten nur bedingt das Kernproblem „Vielvölkerstaat“ begriffen. Mit dem Königreich Jugoslawien schufen sie einen weiteren Vielvölkerstaat, der gut 70 Jahre später in einer Reihe blutiger Bürgerkriege auseinanderbrach.

Aber nicht nur in Europa scheiterten Vielvölkerstaaten fast immer. So gilt gemeinhin als eine der größten Bürden der afrikanischen Staaten die höchst „unglückliche“ Grenzziehung der ehemaligen Kolonialmächte. Auch hier wurden Ethnien in einen Staat zusammengezwungen, die sich oft genug – vorsichtig formuliert – nur sehr bedingt freundlich gesonnen sind. Die Konsequenzen waren und sind es immer noch auch hier zumeist Bürgerkriege, Verteilungskämpfe und brutale Unterdrückung der jeweiligen Minderheiten.

Historisch betrachtet ist das Konzept Vielvölker-Staat fast immer gescheitert und endete in Chaos, (Bürger-krieg) und gewaltigen Wohlstandsverlusten. Wenn Vielvölkerstaaten länger Bestand hatten, wurde dieser Bestand zumeist durch extrem repressive Herrschaftsformen einerseits und massive Sozialtransfers andererseits erkauft.

Hier wirft die Historie einen langen Schatten auf die Gegenwart.

Denn Brüssel und Berlin treiben die Umwandlung der EU von einer gemeinsamen Wirtschaftszone in einen Vielvölkerstaat gegen jede Vernunft und historische Erfahrung, dafür mit aller Eile voran. Jede sich bietende Gelegenheit wird genutzt, die EU zu vertiefen und echte staatliche Institutionen zu schaffen. Die nunmehr seit mehr als fünf Jahren herrschende Krise dient dabei als das entscheidende Vehikel. Sie kam wie bestellt, könnte man zynisch mit Blick auf das durch sie verursachte Elend sagen.

Ohne die Krise gäbe es keine Bankenunion und ebenso wenig einen ESM, die beide Meilensteine auf dem Weg zu den vereinigten Staaten von Europa darstellen. Vizekanzler Gabriel skizzierte zusammen mit seinem französischen Kollegen Emmanuel Macron bereits die Wirtschafts- und Sozialunion der EU. Den vorerst letzten, wenn auch wohl bedeutendsten Streich führte jüngst Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Er könne sich einen eigenen EU-Haushalt durchaus vorstellen, so wird kolportiert. Schäuble ist bereit, erhebliche Finanzmittel aus dem deutschen Steueraufkommen für einen eigenständigen Etat Brüssels abzutreten und diesem auch Steuerhoheit in Deutschland einzuräumen, beispielsweise in Form der Erhebung eines Teils der Umsatzsteuer, schreibt der Spiegel.

Das klang zwar vor vier Jahren noch ganz anders, als Schäuble eine solche EU-Steuer klar ablehnte, aber auch Finanzminister kümmert eben ihr Gerede von gestern nicht. Das macht die Pläne allerdings nicht weniger ungeheuerlich.

Das Bundesverfassungsgericht hatte doch genau hier die klare rote Linie gezogen: Die Übertragung eines solch fundamentalen Souveränitätsrechtes wie das der Haushaltshoheit, vornehmstes Recht des Parlaments in einer Demokratie, kann weder vom Parlament noch von der Bundesregierung entschieden werden. Nur der Souverän selbst, das Volk, kann einen solchen weitreichenden Schritt legitimieren.

Wann immer aber Völker in Europas befragt wurden, ob sie den Weg hin zum EU-Superstaat ein Stück weiter gehen wollen, haben sie mit Nein geantwortet. Die geplante EU-Verfassung scheiterte krachend, weshalb sie dann kurzerhand als Vertrag von Lissabon durch die Hintertür eingeführt wurde. Die Iren durften dabei so oft abstimmen, bis sie dann endlich das richtige Abstimmungsverhalten an den Tag legten.

Kürzlich erst führte der griechische Premier Alexis Tsipras sein Volk hinters Licht, als er es darüber abstimmen lies, ob es die Bedingungen für weitere Hilfsgelder annehmen wolle. Das Ergebnis, ein klares Nein, ignorierte er dann postwendend und akzeptierte alle Bedingungen klaglos. Angesichts dieser Historie sowie in Anschauung der Protagonisten darf man getrost davon ausgehen, dass niemand die Absicht hat, vor der Errichtung einer EU-Steuer das deutsche Volk zu befragen.

Die immer größer werdende Hast, mit der das Projekt „EU-Zentralstaat“ vorangetrieben wird, ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass jene Krise, welche die Realisierung des Projekts erst möglich macht, auch die Fliehkräfte seines Untergangs verstärkt. Das bereits angesprochene griechische Referendum war nur ein Vorgeschmack hierauf. Im Herbst droht in Spanien im Falle eines Wahlerfolgs von Podemos ebenfalls eine kommunistische Regierung.

Kommendes Jahr stimmen die Briten über den Verbleib in der EU ab. Ungarn und Österreich verweigern sich einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik. Die ehemals stabilen Länder des Nordens geraten mehr und mehr selbst in wirtschaftliche Schieflage und sind daher zunehmend weniger bereit, die Pleitestaaten des Südens zu alimentieren, während sie sich selbst Sparprogramme verpassen müssen. Es wird somit für Brüssel immer teurer, die von divergierenden Interessen geleiteten Einzelstaaten zusammenzuhalten.

Deshalb nun auch der Vorstoß für ein eigenes EU-Budget. Als nächstes wird die gemeinsame Arbeitslosen- und Sozialversicherung kommen. Bezahlen müssen dies am Ende natürlich allen voran die deutschen Steuerzahler. Sowohl direkt über mehr und höhere Abgaben, dies wurde ja die letzten Tage von der Politik auch schon gefordert, als auch indirekt durch den weiter zunehmenden Schwund der Kaufkraft „ihres“ Geldes.

Noch lassen sich die Fliehkräfte mit Geld aushebeln wie das fast 100 Milliarden Euro schwere Hilfspaket für Griechenland zeigte. Für den Fall, das Geld alleine irgendwann nicht mehr ausreichend sein sollte, wird die Gesetzeslage derzeit so aus- bzw. umgebaut, dass sich weitreichende Einschränkungen von Bürgerrechten und -freiheiten juristisch legitimieren lassen.

Kritik am Vorgehen der EU kann dann beispielsweise schnell als Hassverbrechen ausgelegt werden. So gesehen scheint man also auch in Brüssel um die Probleme des Konstrukts Vielvölkerstaat zu wissen. Dass man dennoch darauf setzt, zeigt aber wie gering der ökonomische und historische Sachverstand nicht nur in Brüssel, sondern in nahezu der gesamten politischen Nomenklatura des Kontinents ist.

Die ganz große Ausnahme von der Regel scheiternder Vielvölkerstaaten ist übrigens die Schweiz. Seit dem Sonderbundskrieg von 1847 leben dort vier Völker mehr oder weniger friedlich zusammen unter einem staatlichen Dach. Die Hauptgründe hier sind in der direkten Demokratie, in der strikten Beachtung der Subsidiarität sowie in der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der einzelnen Kantone zu suchen.

Die Schweizer können sich per Volksdekret direkt gegen staatliche Ein- und Übergriffe wehren. In den einzelnen Kantonen können unterschiedliche Wert- und Lebensvorstellungen verwirklicht werden. Nur wenn die EU schweizerischer wird, wird sie sich eventuell dem ansonsten vorprogrammierten Scheitern entziehen können. Betrachtet man das Personal, welches in Brüssel und den europäischen Hauptstädten tätig ist, dann ist eine solche Vorstellung aber zutiefst naives Wunschdenken.

Für Deutschland bedeutet dies, dass es alles daran setzen muss, die EU so schnell als möglich zu einem freiheitlichen, rechtsstaatlichen Europa der Vaterländer zurück zu bauen und im ersten Schritt auf alle Fälle das fatale Eurokonstrukt zu verlassen. Dies mag, entgegen der Auffassung der Autoren, eventuell zur Sprengung dieses Konstrukts führen und uns sicherlich nur wenig Wohlwollen der europäischen Partner bringen, aber der schwarze Peter liegt so oder so bei Deutschland und wir werden ihn
nicht loswerden können.

Egal wie viel Geld in den Süden geschickt wird, es wird niemals genug sein. Diesem Dilemma kann man nur durch den Austritt entkommen und dieser muss schnell geschehen. Denn je länger wir im Euro verbleiben, desto geringer sind die Chancen, dass sich Deutschland, alle übrigen Euro-Staaten und die EU von dem „Friedensprojekt“ erholt.


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