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Freitag, 16. Mai 2014

Freitagsgedanken vom 16. Mai 2014




Freitagsgedanken, 16. Mai 2014
Von Dagmar Metzger, Christian Bayer und Steffen Schäfer

Eine neue Zeit des Nationalismus

Es gab einmal eine Zeit in Europa – sie ist noch gar nicht so lange her – in der die benachbarten Völker freundschaftlich miteinander umgingen. Jeder akzeptierte die Mentalität und Lebenseinstellung des anderen. Den Nordeuropäern gefiel das laissez faire des Südens und der Süden hatte großen Respekt für die effiziente Verwaltung und Arbeitsorganisation des Nordens.


Dolce Vita in Italien und der vitale Anarchismus der Griechen waren ein Grund mehr, diese Länder zu bereisen und die Südländer wiederum freuten sich über die zahlungskräftigen Touristen und wussten nicht nur die Qualitäten ihrer Gäste, sondern auch deren Industrieprodukte sehr zu schätzen.

Zumal nicht selten der ein oder andere Verwandte im Norden sein gutes Auskommen gefunden hatte und über die strebsamen, fleißigen Menschen dort zumeist Gutes zu berichten wusste – ähnlich ging es auch jenen, die den umgekehrten Weg aus dem Norden in den Süden gingen...


Natürlich wollten und wollen die allermeisten dennoch in ihrem Heimatland bleiben und leben. Wenig verwunderlich, ist doch die Heimat, also dort wo die Wurzeln eines Menschen liegen bzw. sein Herz schlägt, ein ganz wichtiger Faktor für das persönliche Glück. Wer liebt seine Heimat nicht? Aber niemand oder zumindest die Allerwenigsten kamen auf die Idee, bei aller Heimatliebe, die Heimat des Gegenübers abschätzig zu betrachten.

Man erkannte die Qualitäten des anderen an. Niemand hätte auch nur ansatzweise daran gedacht, den Griechen ihren Anarchismus auszutreiben, den Spaniern die Siesta zu verbieten oder von den Deutschen zu fordern, weniger präzise zu sein. Leben und leben lassen war die Devise – man konnte sein eigenes Land lieben, also Patriot sein, ohne den unangenehmen Beigeschmack des Nationalismus, der für die Überhöhung des eigenen bzw. Abwertung eines anderen Volkes steht.


Bezeichnender Höhepunkt hierfür war, zumindest aus deutscher Sicht, das Sommermärchen der Fußballweltmeisterschaft 2006. Die Deutschen schienen gelernt zu haben, sich unbefangen über den Erfolg des eigenen Landes zu freuen. Wer die Farben des eigenen Landes trug, geriet nicht mehr gleich in den Verdacht ein böser National(sozial)ist zu sein. Die Freude am und über den eigenen Erfolg war erlaubt.

Auch in der (fußballerischen) Niederlage hielt diese Freude an und am Ende wurde der italienische Weltmeistertitel gemeinsam mit den Nachbarn aus dem Süden gefeiert. Die Deutschen waren stolz auf die großartige Organisation und auch darauf, dass jeder ein bisschen dazu beigetragen hatte, den Slogan „Die Welt zu Gast bei Freunden“ Wirklichkeit werden zu lassen.


Weniger als zehn Jahre ist dies nun her und wie sehr hat sich die Welt seitdem gewandelt? Nur knapp ein Jahr nach der WM in Deutschland trat die Krise unseres Finanzsystems und damit auch die Krise der europäischen Gemeinschaftswährung und der EU-Institutionen offen zutage. Im Schlepptau hatte die Krise die hässliche Fratze des eigentlich schon längst überwunden geglaubten Nationalismus.



Alte 
Ressentiments und Vorurteile brachen wieder auf. Stereotypen wurden plötzlich nicht mehr mit einem Augenzwinkern und Lachen vorgebracht, sondern voller bitterer Vorwürfe. Die Deutschen verachten den Anarchismus der Griechen, seitdem sie für ihn zahlen sollen und die Griechen sehen in der deutschen Effizienz den Schatten der nationalsozialistischen Besatzung Griechenlands, seitdem ihnen die Troika eben jene Effizienz aufzunötigen versucht.

Überall in Europa werden plötzlich wieder nationalistische Töne angeschlagen – in Griechenland ist die faschistische Partei der goldenen Morgenröte drittstärkste Kraft im Parlament und in Frankreich schickt sich die rechtsextreme Front National an, nach den Kommunalwahlen auch die Wahlen zum EU-Parlament zu gewinnen. Gerade die Front National ist dabei bezeichnend für die Entwicklung.

Denn die Partei erzielte ihre jüngsten Erfolge nicht allein durch offenen Nationalismus, sondern auch vor allem dadurch, dass Marine Le Pen ihrer Partei einen sozialistischeren Anstrich verpasst hat – der Nationalismus ist eben immer auch marktfeindlich: nicht das beste Angebot, das beste Produkt soll sich durchsetzen, sondern das nationale...


Noch wird in Deutschland der Widerstand gegen die EU und deren Einheitsstaatspläne von primär bürgerlichen Kreisen getragen, noch ist echter Nationalismus relativ selten. In dem Augenblick allerdings, in dem Deutschland für die Griechenland & Co. gegebenen Garantien geradestehen muss (und dieser Tag wird kommen) und sich dies auf die Wirtschaftsentwicklung und damit auch auf unsere Renten- und Sozialsysteme durchschlägt, wird sich die bereits jetzt latent vorhandene Unzufriedenheit in deutlich nationalistischeren Tönen manifestieren.

 

Wenn dann auch noch mehr und mehr arbeitslose Jugendliche aus dem Süden nach Deutschland kommen, um wenigstens in der Fremde ein bescheidenes Auskommen zu finden und so der Druck auch im heimischen Arbeitsmarkt steigt, dürfte es nicht mehr lange dauern, bis wieder der hässliche Ruf „Ausländer raus!“ laut erschallt: Der erste und beste Sündenbock ist nun einmal der Fremde.

In Griechenland tritt dies in der brutalen Verfolgung von Flüchtlingen durch die „goldene Morgenröte“ bereits ebenso zu Tage wie im Umgang Frankreichs mit „seinen“ Sinti und Roma.

Theoretisch ist es einfach, diesem scheinbaren Teufelskreislauf der wachsenden Nationalismen zu entkommen.

Denn der beste Antidot gegen Fremdenhass und die Überhöhung der eigenen Nation ist der freie und souveräne Nationalstaat – das ist die Lektion zweier Weltkriege: Nur wenn Staaten bzw. Nationen weder unterdrückt werden noch selbst als Unterdrücker auftreten, können sie in Frieden mit ihren Nachbarn leben und sowohl sich selbst als auch die anderen achten. Diese historische Lektion wurde in der EU vergessen.


Die Bemühungen, einen zentralistischen Europäischen Einheitsstaat zu schaffen, werden scheitern. Daran kann kein Zweifel bestehen, denn die in der EU versammelten Völker lassen sich (auch mit Gewalt) nicht zu einem europäischen Volk schmieden und die europäischen Volkswirtschaften sind zu unterschiedlich, als dass sie alle unter einer Währung und einer Politik funktionieren könnten.

Die Frage ist nur, ob diese Erkenntnis in Brüssel, Berlin oder Paris rechtzeitig reift und so das gemeinsame Haus „Europa“ insgesamt erhalten werden kann (wenn auch vielleicht reparaturbedürftig) oder aber ob die Ignoranz der EU solange anhält, bis sich die einst guten Nachbarn wie im Jahr 1914 hasserfüllt und feindlich gegenüber stehen.

Dann allerdings stünde den europäischen Völkern nicht alleine die so oft 
beschworene verlorene Dekade bevor, viel schlimmer – sie würden auf ein verlorenes Jahrhundert zurückblicken.



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